Das "Herz-Jesu-Kloster"

 

Horster Straße 128

 

An der Horster Strass Nummer 128 steht heute ein Mietshaus. In meiner Erinnerung sehe ich noch dieses Haus als Begegnungsstätte. Am 15. Juni 1919 zogen in dieses Haus die "Armen Dienstmägde Jesu Christi" ein. Da der Orden seinen Sitz in Dernbach im Westerwald hat, wurden damals und heute die Ordensfrauen "Dernbacher Schwestern" genannt. Die Menschen im Ludgeri-Viertel nannten dieses Haus liebevoll das "Klösterchen". In den Jahren entwickelte sich das Klösterchen zum Zentrum für Krankenpflege, Lungenfürsorge, Kinderhort, Handarbeits- und Nähschule. Es waren fünf Schwestern, die den gesamten Arbeitsbereich bewältigten. Außerdem war das Haus auf Selbstversorgung eingestellt. Die Küchenschwester bestellte den Garten, wodurch die Versorgung sichergestellt war. Die Handarbeitsschwester unterrichtete Generationen von Mädchen in der Nähschule. Wegen der unzureichenden medizinischen Versorgung der Bevölkerung, nahm die Krankenpflege einen großen Raum ein. Die bekannteste Pflegerin war Schwester Syberta, die den Beinahmen "Engeln der Nächstenliebe" erhielt. Schwester Syberta war es, die mich veranlasste Nachforschungen über das Klösterchen anzustellen. Wo soziale oder medizinische Hilfe von Nöten war, war Schwester Syberta zur Stelle, dabei spielte es keine Rolle welcher Konfession die Familie angehörte. Ihren Ruhestand verbrachte sie im Marienhospital in Buer, in dem die Dernbacher Schwestern nicht nur im Zweiten Weltkrieg mit selbstloser Hilfe die Kranken und Kriegsverletzten betreuten.

 

Am 31. Januar 1968 musste der Orden wegen fehlenden Nachwuchses das haus schließen und die Schwestern abberufen. Mit großem Bedauern hat die Ludgeri-Gemeinde von ihnen Abschied genommen. Heute ist an die Stelle der aufopfernden Pflege die Dienstleistung getreten. Der Löwenanteil der Kranken- und Altenpflege leisten immer noch Frauen, weil soziales Engagement nach wie vor als "weiblich" gilt. Obwohl Frauen in Pflegeberufen ein großes Maß an sozialem Selbstverständnis mitbringen, werden sie oft von dem zu leistenden Arbeitspensum überfordern, was zu Unzufriedenheit im Beruf führt.

 

Quelle: Theresia Samsel

 

Aus: Von Hexen, Engeln und anderen Kämpferinnen - Stadtrundgänge aus Frauensicht in Gelsenkirchen. Hrsg.: Frauen- und Mädchenforum der Lokalen aGEnda 21 in Kooperation mit dem Frauenbüro der Stadt Gelsenkirchen und dem aGEnda 21-Büro. Gelsenkirchen 2001.

 

Textauszug, redaktionell bearbeitet durch das aGEnda 21-Büro

 

Das Lesebuch zur Frauengeschichte in Gelsenkirchen ist im Gelsenkirchener Buchhandel und im aGEnda 21-Büro (Telefon 0209 / 147 91 30) erhältlich.